Der Wald wirkt Wunder. Gerade in Zeiten von Corona

Mai 27 2020

sagen wir als Wildnispädagogen, Kita-Erzieher und Ergotherapeutin.

Dieses Wunder erleben wir mit den Kindern (und Eltern) bei unserer Arbeit im Wald.

Abstandhalten, Desinfizieren, regelmäßiges Lüften der Räume, Mund-Nasen-Schutz, Anordnungen und Verbote lösen sich im Wald/Park ganz natürlich auf.

Dafür bieten Stadtwälder und Parks Freiheit, Weite, Glück, Vitalität, Abenteuer, Freude, Gesundheit und natürliche Anreize zur Entwicklung.

Diese heilsamen Wunder spüren wir mit unseren Herzen und mit jeder Faser unseres Körpers.

Deswegen melden wir uns zu Wort und bitten um Unterstützung durch die Länder, Wohlfahrtsverbände, Träger, Krankenversicherungen, Ärzte, Praxen und Kollegen. Erleichtert und ermöglicht uns diesen Weg.

Unser Appell: macht Waldgruppen! Jetzt! Es ist einfach und wunderbar.

 

Sebastian Köppel, sebastian.koeppel@t-online.de

Andreas Schönefeld, as@andreas-schoenefeld.de

Corinna Thiesen, momoco@gmx.net

Berlin, den 25. Mai 2020

 

Foto: Andreas Schönefeld

Hier weitere Einblicke, Geschichten und Materialien:

Rahmenbedingungen zu Eröffnung einer Kita-Waldgruppe:

Eltern bringen Ihre Kinder mit dem Bus oder Auto in den Wald und holen sie dort ab. Gruppe 5-8 Kinder (je nach aktuellen Vorschriften), zwei Erzieher*innen. Spezielles Handwaschmittel für den Wald (Lavaerde), Antizeckenmittel (Schwarzkümmelöl), Sonnenmilch. Die Kinder kommen mit langen Hosen und langen Ärmeln und wetterfester Kleidung. Die Kinder bringen ihr Essen und Trinken mit. Erzieher*innen haben etwas Brot, Äpfel und Wasser zudem mit. Wenn es regnet, gibt es zwei Tarps zum Schutz. Bei heftigem Dauerregen und Sturm fällt die Betreuung aus, wenn kein Schutzraum in der Nähe gefunden werden kann. Betreuungszeit von zum Beispiel 9:00 bis 14:00 Uhr (5h) an fünf Tagen, für Erzieher*innen je eine halbe Stunde Vor- und Nachbereitungszeit vor Ort und Zeit für weitere mittelbare pädagogische Tätigkeiten.

Hier ein ausführliches Konzept der siebtältesten Waldkita in Deutschland: (https://kita-werk-nordfriesland.de/kitas/wald-kiga-leck/

Hilfsmittel:

Im Wald gibt es Abenteuer, feste Rituale, Freispiel und Angebote, auch Bücher, Spiele, Farben, Stifte, …, Werkzeuge haben wir dabei. Alle werden gestärkt durch den Wald. Die Erzieher*innen haben viele Erfahrungen, Ideen, machen Angebote und finden Anregungen durch folgende Literatur:

Tanner, Violette: Kinderwerkstatt. Wildpflanzenküche. Mit Kindern sammeln, kochen, die Natur erleben (Aarau und München 2013)

Simeoni, Sabine: Wildes Naturhandwerk. Werken, Pflanzenwissen und Wildkräuterküche mit Kindern im Jahreskreis (Aarau und München 2017).

„Kinderwerkstatt. Wildpflanzenküche“ wie „Wildes Naturhandwerk“ orientieren sich nach dem Jahreskreis. Das erleichtert die Arbeit mit den Büchern sehr. Es geht um Naturverbindung, heimisch werden, um das Freie Spiel und Erfahrungen in der Natur als Urbedürfnis und  Voraussetzung für gesunde und glückliche Entwicklung.

Im „Wildes Naturhandwerk“ gibt es ein Kapitel über Herzensbildung und Kernrituale im Jahreskreis. Hier die Unterthemen: Beobachten und Fragen stellen; Fuchsgang und Eulenblick; Umherstreifen in der Natur, Tiere beobachten und die Geschichte des Tages; Geheimer Sitzplatz; Naturtagebuch; Natursammlung; Danksagung; Spiele und Lieder; Wildes Naturhandwerk.

 

Ausführliche Literaturliste:

http://andreas-schoenefeld.de/literatur-zu-waldkita-und-wildnispaedagogik/

Hier noch ganz viel zum Thema Natur und Kinder:

http://andreas-schoenefeld.de/kinder-brauchen-natur-mehr-matsch/

Zum Thema Stärkung des Immunsystems durch Waldluft:

http://andreas-schoenefeld.de/waldluft-staerkt-das-immunsystem/

 

Kinder brauchen Natur, Foto: Andreas Schönefeld

Warum wir auch im Regen spielen

„Auch bei Regen, zu allen Jahreszeiten. Wohlfühlen und spüren aller Elemente. Diese gehören dazu, zu uns. Sie sind unsere Freunde geworden. Wir wissen auch, wie wir uns schützen, wie es uns gut geht. Wir genießen den Regen, das Wasser, das Leben.“ (Andreas Schönefeld)

„Kinder haben das Recht auf eigenen Erfahrungen“ so steht es in großen Lettern auf den Plakaten in den Einrichtungen von Fröbel, einem großen internationalen Träger. Dr. Gudrun Rannacher, Geschäftsführerin bei Fröbel schreibt: „Unser Leitbild ist uns damit stets ein Ansporn, besser zu werden und vom Kind aus zu denken und zu handeln.“ Für uns als Pädagogen bedeutet dies, dass es unsere Aufgabe ist, diese Erfahrungen auch zu ermöglichen. Es bedeutet, unser Bestes zu tun, um „vom Kind aus zu denken und zu handeln“. Ihnen zuzutrauen Experten für sich selbst zu sein, ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen und eigenverantwortlich und selbstwirksam zu befriedigen. Uns von althergebrachten Misinformationen zu lösen, zum Beispiel der, dass „Erkältung“ etwas mit Kälte oder die Influenza etwas mit dem Einfluß der Sterne zu tun hat.  Das Berliner Bildungsprogramm schreibt:“Kinder lernen von Geburt an dann erfolgreich, wenn sie ihre Sinne vielfältig für die Aufnahme und Verarbeitung von komplexen Eindrücken einsetzen können“ (BBP S.14).

Es ist unmöglich, das Gefühl von fallendem Regen zu beschreiben oder aus dem Versuch einer Beschreibung abzuleiten. Um die Natur und ihre Phänomene zu begreifen, müssen sie „begreifbar“ sein, sie müssen ganzheitlich erfahrbar sein um dazu beizutragen, die kognitiven und emotionalen Entwicklungen eines Menschen voran zu treiben.

Richard Louv schreibt dazu in seinem Buch „Das letzte Kind im Wald“:

„Während das Naturdefizit wächst, sagen weitere wissenschaftliche Forschungen, dass die unmittelbare Erfahrung von Natur für die körperliche und emotionale Gesundheit unverzichtbar ist“ (S.54 f.)

Dies ist ein Grund dafür, dass wir Eltern bitten ihren Kindern regenfeste Kleidung zugänglich zu machen, ganz nach dem Motto: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung. Auch pädagogisch betrachtet gibt es kein schlechtes Wetter, jede Wetterlage bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten ein Lernumfeld zu gestalten, dass Kinder zur Entwicklung anregen kann. In allen Wetterlagen draußen zu sein, ist also pädagogisch etwa so wie ein Morgenkreis, Rollenspiel oder Schwungübungen auf einem Vorschulbogen. Es ist ein weiterer Weg den wir Pädagogen begehen, um unsere Aufgabe zu erfüllen.

Aber das beste, das größte und das unwiderlegbarste Argument ist sicherlich der Spaß und die große Freude, die Kinder offen zur Schau tragen, wenn sie im Regen spielen…

Sebastian Köppel

 

Foto Andreas Schönefeld

Rahmenbedingungen für eine ergotherapeutische Behandlung

Bisher ist eine ambulante ergotherapeutische Behandlung laut den Leitlinien und Bestimmungen ausschließlich in Praxisräumen bzw. auf praxiseigenem Gelände gestattet. Dies schließt Ergotherapie auf Spielplätzen, in Park, im Wald und anderen öffentlichen Flächen aus, Räume, die besonders für Kinder relevant sind. Es schließt aus, Skateboard oder Fahrrad fahren in klientenzentrierten Räumen anzubahnen.

Unter besonderen Umständen kann ein Arzt Ergotherapie im Hausbesuch verschreiben und eine Behandlung im direkten sozialen Umfeld verschreiben, sofern es aus medizinischen Gründen notwendig erscheint. Klingt einfach und machbar. Doch hier beginnt die Grauzone. Hier wird es unübersichtlich…

Die Ergotherapie ist auf die Verschreibung der Ärzte, die Ärzte sind auf die Zahlungen der Krankenkassen angewiesen. Die Krankenkassen lehnen in der Regel die Zahlung von Hausbesuchen ab. Die Hausbesuche sind für die Behandlung in (Tages)Einrichtungen gedacht, z.B. Schulen für Kinder mit Förderbedarf, Kitas oder zu Hause. Öffentliche Flächen werden nicht erwähnt. Können sie als “Einrichtungen” gewertet werden? Und es bleibt die Befürchtung, in Schadensfällen belangt werden zu können. Hierfür gibt es rechtliche Absicherungsmöglichkeiten.

Ergotherapie orientiert sich an den Bedürfnissen der Klienten und möchte nicht nur funktionell, sondern auch betätigungsorientiert wirken. Kinder suchen das Spiel in freien Räumen. Dies ist ihre Betätigung. Diverse Studien weisen den Wald als heilsam und gesundheitsfördernd aus, besonders bei ADHS, Konzentrationsschwierigkeiten, bei sozioemotionalen oder Wahrnehmungsstörungen.

Um Ergotherapie im Wald oder in Parks durchführen zu können, braucht es kein großes Equipment. Der Wald bietet alles, was notwendig ist, um Ergotherapie relevante Bereiche zu fördern, von Grob- bis Feinmotorik, sensorische und visuelle Wahrnehmung, Konzentration, ADHS, Selbstregulation, Selbstwertstärkung und Elternanleitung/ Elternberatung sowie Entwicklung von Lösungsstrategien und Ausdauer, Verbesserung der zwischenmenschlichen Interaktion und Selbstwirksamkeit etc.

Es braucht einen Wald/ Park.

Eltern, die ihre Kinder dorthin begleiten.

Erste-Hilfe-Set

Wissen über Sicherheit und Gefahren in Wäldern (im Internet nachlesbar)

und eine Verordnung, ob nun mit oder ohne Hausbesuch.

Die Wälder in Deutschland werden regelmäßig kontrolliert, Gefahren durch Baumbruch weitgehend beseitigt. Die Gefahren durch Tiere sind gering und Eltern können zur Aufsicht hinzugezogen und direkt in die Behandlung mit eingebunden werden. So werden gemeinsame Erlebnisse bei Eltern und Kindern gefördert. Eltern und Kinder werden in ihrer Selbstwirksamkeit gestärkt.

Ergotherapie im Wald ist mehr als “nur in den Wald gehen”. Ergotherapie im Wald und in öffentlichen Räumen schärft die Sinne, öffnet neue Perspektiven, ermöglicht stärkende Erfahrungen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Corinna Thiesen

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