Warum finde ich PARTIZIPATION in der Kita so wichtig?
Erstens: Jeder Mensch hat das Recht, Rechte zu haben (Hannah Arendt). Das sollte für alle gelten – auch für Kinder.
Rechte schützen die Kinder vor Willkür, vor der Abhängigkeit von der guten oder schlechten Laune der Erwachsenen / Erzieher_innen.
Hier geht es also um eine Machtfrage. Erwachsene / Erzieher_innen geben bewusst Macht ab.
Zweitens: Im Wissen darum, dass wir alle von Natur aus das Lebendige lieben, und im Vertrauen auf das selbstständige, lebendige Wachsen eines jeden Menschen sind Rechte nötig, um dem Kind den Freiraum zum Wachsen, zur (Selbst-) Entwicklung oder (Selbst-) Bildung zu eröffnen.
„Darf ich auf Toilette?“ wie kann es sein, dass ein Kind mir diese Frage in der Kita stellt? Was läuft hier schief?
Wir gehen in der Kita nach draußen. Jedes Mal werde ich gefragt: „mit oder ohne Buddelhose?“ Es folgt die Anordnung von oben: „Buddelhose!“ Kann man nicht in der Kita dazu kommen, diese Herrschaft / Hierarchie aufzuheben? Könnte es nicht im Sinne der Selbstbildung, des Selbstständig-Werdens von meiner Seite aus heißen: „Sieh mal bitte selbst nach. Ist es Dir zu kalt? Regnet es? Entscheide selbst.“
Rechte zugestehen heißt nicht, nichts zu tun. Bei diesem Beispiel könnte es vielleicht so sein, dass ich später das Kind frage, „darf ich mal deine Hände, deinen Nacken fühlen, ob ich es als kalt empfinde? Was fühlst Du?“ Es könnte auch sein, dass wir (in der Kita-Verfassung) Rechte der Erwachsenen vereinbart haben, die das Recht der Kinder auf Selbstentscheidung in Kleiderfragen einschränken, in der Weise, dass die Erzieher_innen berechtigt sind, dem Kind kurz nach einer Krankheit, vorschreiben zu können, was es anzuziehen hat.
Das Ziel bleibt stets, den Kindern Freiräume zu garantieren zur Selbst-Bildung. Wir begegnen den Kindern mit Respekt und haben die Rolle eines Lernbegleiters. Wir Erwachsenen hören auf zu bestimmen.
Wie ist es mit dem Essen? Muss man alles probieren? Der Probierhappen? Würde jeder von uns Austern probieren wollen? Oder Fleisch? Was würden wir sagen, wenn man uns am Tische trennt von unseren Freunden?
Eine dreitägige Teamfortbildung zur Erarbeitung einer Kita-Verfassung oder eines Beteiligungsprojektes beschäftigt sich intensiv mit all diesen Fragen. Das Team hebt sich in diesem Prozess selbst auf eine reflektiertere Stufe. Diese Qualitätsentwicklung hat Auswirkungen auf die Begegnung mit den Kindern, die Begegnung mit den Eltern, die Begegnung im Team selbst und in der gesamten Einrichtung.
Die Begriffe „Respekt, Dialog, Partnerschaft“ bekommen eine neue Qualität. Wir begegnen uns als Menschen mit elementaren Rechten. Wir denken neu über das Ziel von Pädagogik nach, über „Menschwerdung“ und die Frage „wie wollen wir (zusammen) leben“. Ein jede/r wird akzeptiert. Das ist gesellschaftliche Teilhabe oder Partizipation. Das ist eine Frage nach Demokratie und somit eine politische Frage.
Darum finde ich PARTIZIPATION in der Kita so wichtig!