Das kosmische Feuer schmieden
Unsere Aufgabe als Menschen innerhalb der Geschichte des Komos, der Erde beschreibt der Physiker und Kosmologe Brain Swimme. Eine neue, eine poetische, mystische Schöpfungsgeschichte wird vorgestellt: „Das Universum ist ein grüner Drache. Ein Dialog über die Schöpfung und die mystische Liebe zum Kosmos“ (Bielefeld, 2007).
In Form eines Dialoges spricht Thomas* zu Kim:
Bist du dir bewusst, auf welche Weise du die Macht hast, etwas ins Leben zu rufen? Diese Frage untersucht deine Bestimmung als schöpferische Quelle, deinen höchsten Wert. (S. 54)
Jede einzelne Person hat die Macht, an dem Prozess der Transformation der gesamten Erde teilzuhaben. … Die Aufgabe, zum Menschen heranzureifen, erfordert ungeheure Kraft. Es ist eine Frage der Authentizität, der Echtheit. (S. 72)
Wenn du einen Wald betrittst, lerne von der Großartigkeit zu erschauern, die dich umgibt, und du wirst den Wald nie verlassen. Das Ich, das in den Wald hineinging, wird es nicht länger geben, denn du wirst neu sein, du wirst die Gegenwart des Waldes mit dir tragen. Die Wälder sind voll von lebendiger Musik auf allen verborgenen Ebenen des Seins. Und wenn du diese Musik hörst, dann weißt du, dass der Wald jede Zelle deines Körpers durchdrungen hat. Wenn du am nächsten Morgen eine Tasse Kaffee trinkst, werden alle Föhren des Waldes mit dir wohlig warm. Die natürliche, die menschliche und die göttliche Sphäre fließen in deinen Empfindungen ineinander. Du brauchst keinen Lehrer. Das Universum selbst ist dein Lehrer, die Wälder sind deine Lehrer. (S. 85)
Den größten Nachdruck legt das Leben darauf, dass du dich auf das Abenteuer einlässt, dich selbst zu erschaffen. Jeder Augenblick deines Lebens trägt unendliche Bedeutung in sich; alles ruht nun auf deiner schöpferischen Kraft, dich selbst zu formen, denn aus dir heraus kommt die höchste Wirklichkeit. … Wir wissen, dass wir etwas zu tun haben, dass wir etwas verändern und neu schaffen müssen, und zwar in der grundsätzlichen Sicht der Dinge. Die erschreckende Vision einer erloschenen Erde ist psychische Nahrung für die menschliche Spezies. Sie versorgt uns mit der Energie, die wir benötigen, um uns selbst als Kopf und Herz unseres Planeten neu zu erfinden. ( S. 103f)
Drittens – und das ist am wichtigsten – müssen wir unsere Träume, die wir für die Erde haben, hegen und feiern. … Wir sind der Freiraum, in dem die Erde träumt. Wir sind die Vorstellungskraft der Erde, dieses wertvolle Reich, in dem Visionen und zukunftsgestaltende Hoffnungen mit einem scharfsinnigen Bewusstsein ausgesprochen werden können, das es im ganzen System Erde kein zweites Mal gibt. (S. 124)
Das Universum versorgt uns mit Feuer aus den Anfängen der Zeit und weckt gleichzeitig tiefe Ehrfurcht in uns vor diesem Feuer. Das Universum verlangt von uns eine Antwort: Wachen wir auf? Verpflichten wir uns einer Vision der Schönheit, die den Ursprüngen unseres Feuers würdig ist? … Jeder Augenblick konfrontiert uns mit dieser kosmischen Verantwortung: Dieses Feuer auf eine Weise mitzugestalten und auszubreiten, die seiner numinosen Ursprünge würdig ist. Wir hegen es, wenn wir bewusst damit umzugehen lernen: Hüten wir das Feuer? Schenken wir ihm unsere Verehrung? Erschaffen wir etwas Schönes für unsere planetarische Heimat? Dies ist das innerste Feuer deines Ich, und das innerstes Feuer des ganzen Kosmos: Es darf nicht für Banalitäten oder Vergeltung vergeudet werden, nicht für Groll, nicht für Verzweiflung. Wir haben die Macht, das kosmische Feuer zu schmieden. Was ließe sich mit einer solchen Bestimmung vergleichen? (S. 148)
* mit dem Namen Thomas möchte Brain Swimme seinen Mentor, den Theologen Thomas Berry, und dessen kosmologische Tradition würdigen, die von Erich Jantsch, Pierre Teilhard de Chardi über Thomas von Aquin bis zu Plato zurückreicht. (S.14)