Der Stoff des Lebens
„Wenn man betrachtet, wie Kinder groß werden, wie sie widerstandsfähig werden, wie sie ihre Kompetenzen für ein erfolgreiches Leben ausbilden – dann wird eines klar: Menschenkinder sind in ihrer Entwicklung einem seltsamen Weg verpflichtet: Ja, sie brauchen die Eltern (und wie!), sie brauchen Hilfe (und wie viel!), sie brauchen Beachtung, Schutz und Leitung. Sie brauchen einen förderlichen Rahmen.
Aber innerhalb dieser Keimzone ihrer Entwicklung sind die Kinder selbst am Zug. Sie gestalten ihrer Beziehungen von Anfang an mit, sie betreiben die Erforschung der Umwelt aus ihrem eigenen Herzen heraus, sie organisieren sich unter ihresgleichen selbst.
Förderung ist damit kein passiver Prozess, den die Großen veranstalten – der grundlegendste „Stoff“ des Lebens muss von den Kindern selbst zutage gefördert werden. Förderung ist das, was der Begriff im Wortsinn bedeutet: in die Tiefe gehen und etwas nach oben bringen – einen Schatz, Erz oder Gold. Oder eben den Stoff des Lebens. So etwas taugt nicht zum Lehrfach. Niemand kann ein Kind lehren, empathisch zu sein. Niemand kann einem Kind vermitteln, sozial kompetent, widerstandsfähig oder selbstständig zu werden. Diese Schätze müssen vom Kind selbst gehoben werden.

Foto: Andreas Schönefeld
Es braucht dazu die Freiheit, selbst zu suchen, selbst zu gestalten. Zu irren und zu scheitern. Risiken auf sich zu nehmen. Abenteuer zu bestehen. Sich zu streiten und sich zu versöhnen. Den Emotionen des Lebens zu begegnen. Dem Glück und dem Leid.
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„Kinder brauchen Natur. Lasst sie raus!“
Andreas Weber, Autor, Biologe und Philosoph (für diesen Essay, Kinder brauchen Natur. Lasst sie raus! 2010 in GEO, erhielt er den „Deutschen Reporterpreis“). Ein Jahr später erschien sein Buch „Mehr Matsch!“. Mit seinen Kindern Emma und Max schrieb der das „Quatsch-Matsch-Buch: Das Aktionsbuch: großstadttauglich und baumhausgeprüft, 2013. Hier Zitate aus seinem Essay:
„Dass Kinder nicht mehr in der Natur auftauchen, ist die eigentliche ökologische Katastrophe“ (S. 143)
Andreas Weber, ich bin ihm so dankbar für seine Beiträge. Daher bitte auch meinen früheren Artikel (Jan. 2012) lesen: … Andreas Weber rüttelt wach.
„Kinder benötigen Natur als die Pforte zur Innenseite der Welt. Sie ist das Tor, das sie mit ihrer eigenen Herkunft verbindet, und das zugleich alle Erfahrungsmöglichkeiten ihrer eigenen unbekannten Lebendigkeit bereithält. Kinder erfahren am anderen Wesen und am lebenden Netz der Natur zentrale Kategorien von Lebendigkeit. Sie erfassen sie von der „Innenseite“ der Lebendigkeit. Sie erfahren, was es heißt, und was es für sie heißen könnte, lebendig zu sein. Aber ihnen werden diese Kategorien nicht durch abstrakte Beobachtungen zuteil (und schon gar nicht durch steriles Pauken), sondern indem sie ihnen zugehören. Kinder erfahren sie auf die gleiche Weise, wie sie erfahren, was es heißt, geliebt zu werden und zu lieben, nämlich indem sie daran teilnehmen“ (S. 201).

Foto: Andreas Schönefeld
… und Kinder schützen sich selbst
„Bei der Zähmung der Risiken gehen Kinder übrigens recht systematisch vor. Zum einen zieht es sie in ihrem Spiel genau dorthin, wo sie ihre Grenzen Schritt für Schritt ausloten können und sich damit ein Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten aufbauen können. …

Foto Andreas Schönefeld
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