Partizipation und Schule

Feb 11 2015

Foto: Andreas Schönefeld

Foto: Andreas Schönefeld

 

„Die psychopatische Schule“ so betitelt vor 25 Jahren, am 31.1.1990, John Taylor Gatto seine Rede anlässlich der wiederholten Verleihung des Preises „Lehrer des Jahres für New York City“ an ihn.

Ein Jahr später quittiert er seinen Dienst, er möchte nach dreißigjähriger Lehrertätigkeit nicht länger „Kindern Schaden zufügen“ wollen. Er arbeitet fortan als Autor. „Dumbing Us Down“ erscheint. Siebzehn Jahre später, 2009, erst auf Deutsch unter dem Titel „Verdummt noch mal!“

Dieses Buch wirkte wie ein Schock. Noch heute provoziert es. Gatto will den Kindern Selbsterkenntnis, unabhängiges Lernen, Dienst am Gemeinwesen, Abenteuer und Erfahrung, viel Privatsphäre und Alleinsein, tausend verschiedene Praktika, eintägige und längere, ermöglichen. Gatto will den Schulen, den lokalen Gemeinwesen, den Familien Selbstverwaltung geben. Freie Schulen, homeschooling, unschooling sind Stichworte dazu.

„Wenn wir die gefeierten westlichen Ideale von Privatsphäre, Vielfalt und Individualität verteidigen wollen, müssen wir darauf blicken, wie wir unsere Kinder aufziehen. Kinder lernen, was sie leben. Stecken Sie Kinder in eine Klasse, und sie werden ihr ganzes Leben in einem unsichtbaren Käfig leben, getrennt von ihren Möglichkeiten im Gemeinwesen. Unterbrechen Sie Kinder ständig mit Pausenglocken und anderen Taktgebern, und sie werden lernen, dass nichts wirklich wichtig ist. Sorgen Sie dafür, dass Kinder um das natürliche Recht, zur Toilette zu gehen, bitten müssen, und Sie ziehen Lügner und Schmeichler heran. Setzen sie Kinder der Lächerlichkeit aus, und sie werden sich von der Menschheit zurückziehen; beschämen Sie Kinder, und sie werden hundert Wege finden, um sich zu rächen. Die Gewohnheiten, die in großen Institutionen gelehrt werden, wirken tödlich. (…).

Die Lektion meines Lebens als Lehrer lautet: Theorie und Struktur der Massenbeschulung sind in fataler Weise falsch; sie können die Logik der demokratischen Idee nicht unterstützen, denn sie verraten das demokratische Prinzip. Das demokratische Prinzip ist immer noch die beste Idee für ein Land (…).

Kollektiverziehung kann nicht zu einer gerechten Gesellschaft führen, denn ihre tägliche Praxis ist die Einübung in erzwungener Konkurrenz, in Unterdrückung und Einschüchterung. Die Schulen, deren Entwicklung wir zugelassen haben, können keine ideellen Werte lehren, obwohl erst diese Werte unserem Leben überhaupt Sinn geben, ob wir reich oder arm sind, denn die Struktur der Schule wird vom byzantinischen System von Belohnung und Drohung, von Zuckerbrot und Peitsche, zusammengehalten. Staatliche Vergünstigungen, Abschlüsse oder andere Instrumente der Unterordnung haben keinen Zusammenhang mit Bildung; sie sind die Werkzeuge der Knechtschaft, nicht der Freiheit“ (S.75f.).

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