Qualitätsstandards für Partizipation in Kitas
Partizipation in Kindertageseinrichtungen verlangt:
dass …
Partizipation in Kindertageseinrichtungen verlangt:
dass …
Erstens: Jeder Mensch hat das Recht, Rechte zu haben (Hannah Arendt). Das sollte für alle gelten – auch für Kinder.
Rechte schützen die Kinder vor Willkür, vor der Abhängigkeit von der guten oder schlechten Laune der Erwachsenen / Erzieher_innen.
Hier geht es also um eine Machtfrage. Erwachsene / Erzieher_innen geben bewusst Macht ab.
Zweitens: Im Wissen darum, dass wir alle von Natur aus das Lebendige lieben, und im Vertrauen auf das selbstständige, lebendige Wachsen eines jeden Menschen sind Rechte nötig, um dem Kind den Freiraum zum Wachsen, zur (Selbst-) Entwicklung oder (Selbst-) Bildung zu eröffnen.
„Darf ich auf Toilette?“ wie kann es sein, dass ein Kind mir diese Frage in der Kita stellt? Was läuft hier schief?
Andreas Weber, Autor, Biologe und Philosoph (für den Essay „Kinder brauchen Natur. Lasst sie raus!“ 2010 in GEO, erhielt er den „Deutschen Reporterpreis“). 2011 erschien sein Buch „Mehr Matsch!“. Mit seinen Kindern Emma und Max schrieb der das „Quatsch-Matsch-Buch: Das Aktionsbuch: großstadttauglich und baumhausgeprüft, 2013. Hier Zitate aus dem Quatsch-Matsch-Buch:
Das meint Max
„Wenn ich irgendwas machen soll und etwas denken soll, nur weil das so vorbestimmt ist, habe ich schon von vorneherein keine Lust mehr. Dann ist das total uninteressant und ich mache auch im späteren Leben einen Bogen drum herum. Schule ist zum Abgewöhnen. So wie Konfirmationsunterricht. Man muss etwas machen, weil man sonst bestraft wird. Klar kann man was lernen. So gerade für die Arbeit und dann wieder vergessen. Das wirkliche Leben ist ganz woanders. Da soll auch Schule nie hinkommen. Das will ich mir gar nicht versauen lassen“ (S. 112).
Und das meint Emma
„Am Ende machen Kinder ja doch was sie wollen. Nur machen sie es dann eben mit dem Gefühl, dass das, was sie wollen, verboten ist. Oder das, was sie sind. Wir sollen anders sein, als wir sind. Das lernen wir. Ist doch klar, dass man dann keine Lust mehr hat. Aber man macht nach außen hin natürlich weiter mit, damit man nicht auffällt und keine schlechten Noten kriegt. Und beliebt bleibt. Aber heimlich stellt man sich dagegen. Flippt total aus.
Gerade hat unsere Lehrerin alle Freundespaare an den Tischen auseinandergesetzt. Sie meinte, wir würden zu viel zusammenglucken. Und unsozial sein. Und zu zweit quatschen. Und darum nicht so viel arbeiten. Das war gemein. Ihr geht es nur um unsere Noten. Und nicht um uns. … „(S. 22).
Andreas Weber
Die Idee des Buches besteht darin, dass nicht Erwachsene ihre Kinder an die Hand nehmen, sondern dass Kinder die Welt verändern müssen. Nicht, dass Erwachsene für ihre Kinder die letzten Reserven von Natur entdecken, sondern dass Kinder selbst ermächtigt werden, wieder als das zu wirken, was sie sind: als eine Kraft der Natur (S. 14).
Der Stoff des Lebens
„Wenn man betrachtet, wie Kinder groß werden, wie sie widerstandsfähig werden, wie sie ihre Kompetenzen für ein erfolgreiches Leben ausbilden – dann wird eines klar: Menschenkinder sind in ihrer Entwicklung einem seltsamen Weg verpflichtet: Ja, sie brauchen die Eltern (und wie!), sie brauchen Hilfe (und wie viel!), sie brauchen Beachtung, Schutz und Leitung. Sie brauchen einen förderlichen Rahmen.
Aber innerhalb dieser Keimzone ihrer Entwicklung sind die Kinder selbst am Zug. Sie gestalten ihrer Beziehungen von Anfang an mit, sie betreiben die Erforschung der Umwelt aus ihrem eigenen Herzen heraus, sie organisieren sich unter ihresgleichen selbst.
Förderung ist damit kein passiver Prozess, den die Großen veranstalten – der grundlegendste „Stoff“ des Lebens muss von den Kindern selbst zutage gefördert werden. Förderung ist das, was der Begriff im Wortsinn bedeutet: in die Tiefe gehen und etwas nach oben bringen – einen Schatz, Erz oder Gold. Oder eben den Stoff des Lebens. So etwas taugt nicht zum Lehrfach. Niemand kann ein Kind lehren, empathisch zu sein. Niemand kann einem Kind vermitteln, sozial kompetent, widerstandsfähig oder selbstständig zu werden. Diese Schätze müssen vom Kind selbst gehoben werden.
Es braucht dazu die Freiheit, selbst zu suchen, selbst zu gestalten. Zu irren und zu scheitern. Risiken auf sich zu nehmen. Abenteuer zu bestehen. Sich zu streiten und sich zu versöhnen. Den Emotionen des Lebens zu begegnen. Dem Glück und dem Leid.
…
Vorne, hinten, an den Seiten die Kontrolleure, die Dompteure, eisern.
Hier wird gedrillt, abgerichtet, angeschnauzt, beschimpft.
Immer im Geiste des vermeintlichen Schützens vor der tödlichen Gefahr.
…
Nie haben wir einen ähnlichen Drill gesehen
…
mehr und ein Video dazu in meinem Artikel: Zwang zur Zweierreihe. Der Kindergartenausflug
Die Überwindung des Egozentrismus
Rebecca Wild, 1939, studierte Germanistik, Montessori- und Musikpädagogik. Seit 1961 lebt sie in Ecuador und gründete 1977 mit ihrem Mann die Pestalozzi-Schule „Pesta“, einen Kindergarten und ein Schul- und Fortbildungszentrum, 1998 erschien ihr Buch „Mit Kindern leben lernen. Sein zum Erziehen“. Hier zitiert aus der 4. Auflage, Weinheim, Basel 2011:
Unser eigener Reifeprozess steht und fällt aber damit, eigene und die Bedürfnisse anderer ins Gleichgewicht bringen zu können. Unreife Erwachsene sind keine unterstützende Umgebung für Kinder. Ihr eigener Egozentrismus trägt unaufhaltsam zur Zerstörung ihrer Beziehungen bei (S. 140).
Gegenseitiger Respekt schließt sowohl autoritäres wie antiautoritäres Verhalten aus (S. 141).
Viel schwieriger, als offenes autoritäres Verhalten zu erkennen, ist es jedoch, die ständig untergründige Direktivität von Erwachsenen zu identifizieren, die es besonders gut mit den Kindern meinen.
Sie gebrauchen zwar keine Gewalt, aber sie überreden mit „Liebe“ und sie gängeln, ohne sich selbst dessen bewusst zu sein.
Haben wir ihn aber erst einmal entwickelt, fängt für uns ein ganz neues Leiden an. In tausend Situationen schmerzt uns der Ton, in dem mit Kindern geredet wird (und den wir auch selbst an den Tag legen), und der Drang, Kinder belehren und ihnen Sachen erklären zu wollen, die sie gar nicht so genau wissen wollen; die Unfähigkeit, mit ihnen einfach zusammen zu sein, ohne ihren Willen zu beeinflussen, ihnen Sicherheit geben, ohne ihre Probleme lösen zu wollen (S. 142).
„Kinder brauchen Natur. Lasst sie raus!“
Andreas Weber, Autor, Biologe und Philosoph (für diesen Essay, Kinder brauchen Natur. Lasst sie raus! 2010 in GEO, erhielt er den „Deutschen Reporterpreis“). Ein Jahr später erschien sein Buch „Mehr Matsch!“. Mit seinen Kindern Emma und Max schrieb der das „Quatsch-Matsch-Buch: Das Aktionsbuch: großstadttauglich und baumhausgeprüft, 2013. Hier Zitate aus seinem Essay:
„Dass Kinder nicht mehr in der Natur auftauchen, ist die eigentliche ökologische Katastrophe“ (S. 143)
Andreas Weber, ich bin ihm so dankbar für seine Beiträge. Daher bitte auch meinen früheren Artikel (Jan. 2012) lesen: … Andreas Weber rüttelt wach.
„Kinder benötigen Natur als die Pforte zur Innenseite der Welt. Sie ist das Tor, das sie mit ihrer eigenen Herkunft verbindet, und das zugleich alle Erfahrungsmöglichkeiten ihrer eigenen unbekannten Lebendigkeit bereithält. Kinder erfahren am anderen Wesen und am lebenden Netz der Natur zentrale Kategorien von Lebendigkeit. Sie erfassen sie von der „Innenseite“ der Lebendigkeit. Sie erfahren, was es heißt, und was es für sie heißen könnte, lebendig zu sein. Aber ihnen werden diese Kategorien nicht durch abstrakte Beobachtungen zuteil (und schon gar nicht durch steriles Pauken), sondern indem sie ihnen zugehören. Kinder erfahren sie auf die gleiche Weise, wie sie erfahren, was es heißt, geliebt zu werden und zu lieben, nämlich indem sie daran teilnehmen“ (S. 201).