Natur ist nicht gefährlich …
… und Kinder schützen sich selbst
„Bei der Zähmung der Risiken gehen Kinder übrigens recht systematisch vor. Zum einen zieht es sie in ihrem Spiel genau dorthin, wo sie ihre Grenzen Schritt für Schritt ausloten können und sich damit ein Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten aufbauen können. …
Das Spiel in diesem „Risikobereich“ folgt dabei einem ganz bestimmten Drehbuch: Die Kinder haben den meisten Spaß bei jenen Aktivitäten, die gerade unterhalb ihrer Angstschwelle liegen! Dieser Belohnungsmotor drängt, nein: zwingt die Kinder förmlich immer wieder hin zu dieser Kribbelzone – und weil sie dort immer wieder neue Kompetenzen aufbauen, wird die Angstdecke nach und nach angehoben.
Die Kinder begehen bei ihren Abenteuern also immer wieder eine Gratwanderung: das Hochgefühl auf der einen Seite (Ich hab das geschafft!), die Furcht auf der anderen (Schaffe ich das?)
Nur so gewinnen sie Sicherheit, nur so wachsen sie langsam über sich hinaus. Und dieses kalkulierte Spielverhalten ist gleichzeitig ihr größter Schutz – sie nehmen die nächste Höhe ja nur in Angriff, wenn sie das etwas niedrigere Mäuerchen geschafft haben.“
Aus dem Buch des Kinderarztes, Herbert Renz-Polster, und des Hirnforscheres, Gerald Hüther:
Wie Kinder heute wachsen. Natur als Entwicklungsraum. Ein neuer Blick auf das kindliche Lernen, Fühlen und Denken. Beltz 2013, S. 180-182.