Folkert Ketelsen schlug seine Söhne jeden Tag

„Folkert Ketelsen schlug seine Söhne jeden Tag, er brauchte dafür keinen Anlass. Schlug sie aus dem Weg oder die Treppe runter, prügelte sie durch das Haus und durch den Stall, und wenn kein Sohn im Weg stand, den er prügeln konnte, schlug er auf das Vieh ein. Die Brinkebüller hörten jeden Tag die Tiere brüllen, und dann wussten sie, dass Folkert Ketelsen im Stall war. Solange seine Tiere brüllten, waren nicht die Kinder dran und nicht die Frau.

Heiko war der Kleinste, jünger als die beiden Brüder, und der Einzige, der niemals weinte. Ihn konnte man solange schlagen, wie man wollte, er brüllte nie. Er ließ die anderen Kinder, wenn sie Turnen hatten in der Schule, seine blauen Flecken und die Striemen sehen, er zeigte sie wie Tapferkeitsmedallien: Hier, mit de Bullenstock. Nich jault. Hier, mit de Pietsch. Nich jault. Hier, mit de Lederreem. Nich jault. Hier, mit de Fuust. Nich jault. Lehrer Steensen hatte manchmal Arnikatinktur geholt, dann musste Jaulnich Ketelsen das Hemd ausziehen, und seine Blutergüsse oder Striemen wurden eingerieben. Heiko stand dann wie ein Krieger vor dem Lehrer, grinsend.

Foto: Andreas Schönefeld

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